seit 2012 sind wir nun mit der "Lizpoir" unserem Corsair F27 unterwegs. Mit diesem Boot sind wir noch immer sehr zufrieden. Allerdings kommt das Segeln seit wir zu dritt unterwegs sind etwas zu kurz - unsere Tochter Liz erblickte im Oktober 2011 das Licht der Welt- sie gab uns den Anlass zum Umstieg vom Corsair F24 zum Corsair F27.
2012 ließen wir den Mast komplett zu Hause und machten einen Binnentörn unter Motor. Vom Schwielochsee, unserem Heimatrevier ging es über die Oder bis Hohensaaten und über Schiffshebewerk und Berlin zurück. Wer uns kennt weiß, dass unser Boot über einen Elektroantrieb verfügt und damit ist die Motorfahrt angenehm leise, geruchlos und entspannt.
2013 ging es dann wieder mit Mast zur Ostsee - es sollte gesegelt werden. Der Törn begann im Saaler-Bodden und endete in Warnemünde wo wir beim International-Multihull-Meeting (IMM2013) dabei waren. Eigentlich wollten wir nach Schweden wie Jahre zuvor, doch es hatte sich heraus gestellt das sich durch unsere Tochter nicht nur unser Leben im Alltag, sondern auch unsere Art zu segeln verändert hat. Es beginnt bereits mit dem Maststellen, waren wir zuvor ein eingespieltes Team welches unsere "lespoir-tri" (Corsair F24) in 1,5h Segelklar hatte war das nun meine Aufgabe ganz allein und nicht nur das, auch beim Segeln bin ich auf mich allein gestellt, wir können Liz ja nicht einfach unbeaufsichtigt lassen. Hinzu kam, dass allein der Mast deutlich schwerer zu handhaben ist als beim kleinen F24. Auch das Setzen des Großsegels muss nun über die Winsch erfolgen, beim F24 hatte ich das Groß in wenigen Sekunden oben. Auch unsere Mentalität hat sich verändert, während wir z.B. 2010 noch nach Helsinki und zurück in weniger als 4 Wochen "gejagt" sind warten wir jetzt auf schönes Wetter mit nicht zu viel Wind und dieser am besten auch nicht von vorn.
2014 sollte mehr gesegelt werden. Wir sind an die Adria gefahren, haben die "Lizpoir" Segelklar gemacht und sind fast ausschließlich mit Motor gefahren. Mal war der Wind zu schwach, dann kam er von vorn, dann war es zu warm das Groß zu setzen...
Wenn ich nun ein Resümee ziehe muss ich sagen es ist höchste Zeit etwas zu verändern. Diejenigen die meine Homepage seit Jahren verfolgen wissen dass es bei uns eine stetige Weiterentwicklung gibt.
Für 2015 haben wir folgendes vor:
- Verdoppelung der Akkukapazität um die Reichweite unter E- Motor zu verdoppeln.
- Erweiterung der bestehenden Solaranlage um 170 Wp, damit haben wir eine Gesamtleistung von 430 Wp. Dies vergrößert unsere Reichweite noch einmal und durch den nächsten Punkt gibt es auch keine Abschattungen durch Segel mehr:
- Montage eines WingCommander RC statt der klassischen Besegelung.
Dazu möchte ich meine Eindrücke und Gedanken wiedergeben.
Der WingCommander RC ist stark vereinfacht ausgedrückt ein elektrischer
Windenstand auf dem sich ca. 150m Dyneema Seil befindet. Daran wird ein Kiteschirm befestigt, ähnlich wie ihn die meisten von den Kite-Surfern kennen, welche bei Winden jenseits der 4 Beaufort über das Wasser jagen. Gelenkt wird das ganze per Fernbedienung mit einem Joystick. Nachdem der Drachen erst einmal vom Wasser aus gestartet ist kann man die Fernbedienung zur Seite legen, denn von nun an übernimmt die Steuerung des Schirmes eine Autopilot. Man muss sich nur noch um das Lenken des Bootes kümmern. Gesegelt oder gekitet können alle Kurse werden welche auch mit der klassischen Besegelung möglich waren. Wenn man ordentlich Schub haben möchte lässt man den Drachen achten fliegen, das erhöht den Schub um ein vielfaches - man spürt es an Bord an der starken Beschleunigung. Dies zum Prinzip. Nun zu den für uns wichtigen Vorteilen:
Das System bleibt fest an Bord montiert, es ist also kein Maststellen mehr erforderlich, nur den Kite aus dem Rucksack nehmen, aufblasen und los geht es. Wir können damit sogar an einem windigen Tag auf unserem Schwielochsee segeln. Da der Drachen in über 100m Höhe fliegt bekommt er viel mehr Wind ab als ein Segeltuch welches an einem Mast hängt, die Windabdeckung durch Bäume und anderen Hindernissen spielt dadurch keine Rolle mehr. Der Wind ist in dieser Höhe auch deutlich stabiler. Der Segeldruckpunkt am Boot wandert extrem nach unten, das Boot segelt immer aufrecht und damit ist die Kentergefahr deutlich geringer. Und was ebenfalls ein sehr wichtiger Punkt ist, die Anlage ist deutlich leichter als unsere bisherige Takelage. Hinzu kommt das unser Boot entlastet wird, da der Schirm immer einen Zug nach oben ausübt. Dies sind die wichtigsten Punkte die uns zur Umstellung auf dieses neue System bewegt haben. Natürlich gibt es auch einen Nachteil: der Kite benötigt einen gewissen Wind um zu starten, bei Flaute von Hauch zu Hauch segeln ist nicht möglich. Aber dafür haben wir ja unseren RiPower-Elektroaussenborder.
Wir haben einen Prototypen des Systems im November 2014 testen können. Trotz des wenigen Windes an diesem Tag war ich von der Leistungsfähigkeit begeistert. Bei 4-6 Knoten Wind erreichten wir eine Spitzengeschwindig-“kite“ von 8,5 Knoten. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei 6 Knoten. Besonders beeindruckt hat mich das Segeln vor dem Wind, wo wir es doch gewohnt sind vor dem Wind zu dümpeln und mit flappenden Segeln zu kämpfen zog der Drachen am Himmel seine Achten und das Wasser rauschte unter uns vorbei - einfach Toll!
Davon gibt es auch ein Video.
Wir sind gespannt auf die kommende Segelsaison und freuen uns darauf von unseren Erfahrungen zu berichten. Ich denke schon dass so die Zukunft des Segelns aussehen kann, zumindest für Leute die nicht unbedingt Klassisch segeln wollen/müssen.
Berichte über die erwähnten Törns finden Sie auf meiner privaten Segelhomepage: www.lespoir-tri.wg.am
Infos über das Kite-Boot-System finden Sie bei der Firma Wingit unter: www.kite-boat-systems.com
Interessantes über die Verbesserungen an der Lizpoir finden Sie unter www.ripower.de
Sven Richter
Fotos: Marko Kubitz und Sven Richter